Oder anders gefragt: Wie sicher ist ein Gebäude, wenn Sicherheitsfragen erst nach dem Bau gestellt werden?
Wenn heute ein neues Verwaltungsgebäude, ein Großklinikum oder eine Anlage der kritischen Infrastruktur geplant wird – wer denkt dabei ganzheitlich und strategisch an Sicherheit? Und wer ist im Planungsteam befähigt, Bedrohungsszenarien realistisch zu bewerten, Schutzbedarfe zu erkennen und diese in konkrete bauliche und organisatorische Maßnahmen zu überführen?
Die Antwort ist oft ernüchternd: Sicherheit wird zwar erwähnt, aber nicht verantwortlich geplant. Häufig wird sie als technische Komponente verstanden, nicht als integraler Teil der Gesamtstrategie eines Bauwerks – insbesondere bei sicherheitskritischen Objekten mit hoher gesellschaftlicher Relevanz.
Warum werden Sicherheitsberater bei Bauprojekten so selten frühzeitig eingebunden?
In klassischen Bauprojekten dominieren Zeitdruck, Funktionalität und Kostenziele. Architektur, Energieeffizienz und Digitalisierung stehen im Fokus. Doch Sicherheitsfragen – insbesondere im Sinne von personeller, physischer und organisatorischer Gefahrenabwehr – werden oft erst gestellt, wenn Baupläne längst verabschiedet oder Gebäude bereits nutzbar sind.
Dabei stellen sich gerade bei KRITIS-Projekten grundlegende Fragen:
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Wie wird sichergestellt, dass sicherheitsrelevante Zonen (z. B. Serverräume, Medikamentenlager, Leitzentralen) physisch geschützt und organisatorisch kontrolliert zugänglich sind?
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Wie lassen sich funktionale Offenheit (z. B. Besucherzugänge in Krankenhäusern) mit sicherheitsrelevanten Anforderungen in Einklang bringen?
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Welche Risiken entstehen, wenn Schnittstellen zwischen öffentlich zugänglichen und geschützten Bereichen nicht klar geregelt sind?
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Und wer erkennt und bewertet diese Risiken – bevor sie zum Schwachpunkt werden?
Diese Fragestellungen können weder allein vom Architekten noch vom Brandschutzplaner beantwortet werden. Sie benötigen die Perspektive und Methodik erfahrener Sicherheitsberater.
Was kostet es, wenn Sicherheit erst nachträglich betrachtet wird? – Beispiel Großklinikum
Ein Universitätsklinikum wird gebaut – mit modernster Medizintechnik, digital vernetzter Versorgung und energieeffizientem Design. Die Architektur setzt auf Offenheit und Aufenthaltsqualität, Patienten und Angehörige sollen sich willkommen fühlen. Doch mit der Inbetriebnahme zeigt sich:
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Der Zugang zu OP- und Intensivstationen ist nicht durchgängig kontrollierbar.
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Der zentrale Serverraum liegt baulich ungeschützt in einem für Dritte erreichbaren Korridor.
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Es existiert kein abgestimmtes Schließ- oder Zutrittskonzept – weder für Mitarbeitende noch für Externe.
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Die Lage der Wartebereiche ermöglicht unbeobachtete Aufenthalte in unmittelbarer Nähe sensibler Räume.
Die Folge sind teure und betrieblich herausfordernde Nachrüstungen unter laufendem Klinikbetrieb:
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Nachinstallationen von Zutrittskontrollsystemen.
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Aufwändige bauliche Anpassungen zur Trennung öffentlicher und interner Bereiche.
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Einschränkungen im Betrieb, etwa durch temporäre Sperrungen von Verkehrswegen oder Umleitungen.
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Zusätzliche Sicherheitsdienste zur Überbrückung struktureller Defizite.
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Verlust an Vertrauen bei Personal, Patienten und Öffentlichkeit – insbesondere nach sicherheitsrelevanten Vorfällen.
Dabei hätte eine frühzeitige sicherheitsfachliche Begleitung all diese Probleme vermeiden oder zumindest deutlich minimieren können.
Ein Sicherheitsberater hätte bereits in der Planungsphase für klare Sicherheitszonen, abgestimmte Nutzungstrennungen und praktikable Zugangslösungen gesorgt – ohne spätere Kompromisse in Funktionalität oder Betrieb.
Ist ein Sicherheitsberater bei KRITIS-Projekten Pflicht – oder schlicht eine Notwendigkeit?
Angesichts der Bedrohungslage durch Cyberangriffe, hybride Einflussnahmen, Sabotage oder Aktivismus ist klar: Sicherheit ist keine Option mehr, sondern Voraussetzung.
Für kritische Infrastrukturen gilt das in besonderem Maße.
Der Gesetzgeber hat mit der NIS2-Richtlinie, dem neuen KRITIS-Dachgesetz und branchenspezifischen Normen klare Anforderungen formuliert. Dabei geht es nicht nur um IT-Sicherheit, sondern explizit auch um physische Sicherheit, Notfallvorsorge und Resilienz – also die Fähigkeit, Störungen auszuhalten und schnell wieder betriebsfähig zu sein.
Doch die entscheidende Frage lautet:
Wer im Bauprojekt hat die Kompetenz, diese Anforderungen rechtssicher, wirtschaftlich und praktikabel in die bauliche Realität zu übersetzen?
Sicherheitsberater mit KRITIS-Erfahrung bringen genau diese Expertise ein:
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Sie analysieren Bedrohungen und Schwachstellen – von der Geländeperipherie bis zur Zugangskontrolle.
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Sie entwickeln maßgeschneiderte Schutzkonzepte, die sich in Architektur, Technik und Betrieb integrieren lassen.
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Sie helfen dabei, gesetzliche Anforderungen in wirksame Lösungen zu überführen, ohne den Betrieb zu behindern.
Ist Sicherheit planbar – oder bleibt sie ein Reaktionsgeschäft?
Die Praxis zeigt: Sicherheit wird oft erst relevant, wenn es bereits einen Vorfall gegeben hat – ein Einbruch, ein Datenleck, eine interne Schwachstelle, die publik wurde.
Doch genau das ist das teuerste aller Szenarien. Denn:
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Sicherheitsnachrüstungen im fertigen Gebäude sind technisch aufwendiger.
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Organisatorische Korrekturen treffen auf Widerstand und erzeugen Reibungsverluste.
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Reputationsverluste und Vertrauensbrüche lassen sich kaum „nachrüsten“.
Dabei ist Sicherheit sehr wohl planbar – wenn man sie rechtzeitig einplant.