Kriminalprävention und Urbane Sicherheit im Kontext Kritischer Infrastrukturen

Im Rahmen der Sicherheitskonferenz protekt 2025 in Leipzig fand ein Workshop zum Thema Kriminalprävention und urbane Sicherheit im Kontext Kritischer Infrastrukturen statt. Die Veranstaltung brachte Expertinnen und Experten aus Sicherheitswirtschaft, Behörden, Infrastrukturbetreibern und technischen Fachbereichen zusammen. Ziel war es, praktische und strategische Ansätze zu diskutieren, wie sich lebenswichtige Versorgungssysteme in urbanen Räumen wirksam vor Sabotage, Spionage, physischen Angriffen und Cyberbedrohungen schützen lassen.

Schon zu Beginn wurde klar, dass urbane Sicherheit im KRITIS-Kontext ein multidimensionales Aufgabenfeld darstellt. Sie ist kein reines Technikthema, sondern ein Zusammenspiel aus Prävention, Reaktionsfähigkeit, Governance und gesellschaftlicher Verantwortung. Kriminalprävention beginnt nicht an der Werksgrenze, sondern im Verständnis von Täterverhalten, technisch-organisatorischen Angriffspunkten und systemischer Verwundbarkeit.

Ein Schwerpunkt des Workshops lag auf der fundamentalen Bedeutung staatlicher Sicherheitsstrukturen. Deren Rolle erschöpft sich nicht im Eingreifen im Ereignisfall, sondern umfasst ebenso Beobachtung, Risikoanalyse, Schutz hochsensibler Anlagen, Einsatzvorbereitung und Koordinierung im Krisenfall. Grundlage polizeilichen Handelns bildet ein bewährter Prozess aus Vorbereitung, Durchführung und Nachbereitung – ein kontinuierlicher Lern- und Verbesserungszyklus, der die Reaktionssicherheit stetig erhöht.

Zentral diskutiert wurde die hybride Bedrohungslage, die physische Angriffe und Cyberoperationen zunehmend miteinander verknüpft. Energieanlagen, Wasserwerke, digitale Netze, Verkehrssysteme und Gesundheitsinfrastrukturen stehen unter wachsendem Risiko. Die europäische Regulierung – insbesondere NIS2, das KRITIS-Dachgesetz sowie der Cyber Resilience Act – schafft neue Mindeststandards für Cybersicherheit, Produktverantwortung, Updatefähigkeit und Lieferkettentransparenz. Sicherheit wird damit zur verpflichtenden Eigenschaft – nicht mehr zur optionalen Zusatzfunktion.

Auf technischer Ebene wurde anhand eines Umspannwerks als Fallbeispiel exemplarisch gezeigt, wie Sicherheitsarchitektur konkret entwickelt wird. Grundlage bildet eine Risikoanalyse nach ISO 31000: Bedrohungsanalyse, Täterprofilbestimmung, Festlegung von Schutzzielen, Schwachstellenanalyse und daraus abgeleitete Maßnahmen. Deutlich wurde: Ein wirksames Sicherheitskonzept entsteht erst dann, wenn physische Sicherung, digitale Schutzmechanismen und organisatorische Abläufe ineinander greifen.

Im Fokus standen u. a.:

  • Perimeterschutz in abgestuften Schutzklassen

  • Zutritts- und Zugangstechnik

  • Einbruch- & Überfallmeldesysteme

  • Brandmeldung, Videoüberwachung, Gefahrenmanagement

  • sichere Übertragungstechnik, Monitoring und Reporting

  • Notfall-, Alarm- und Kommunikationssysteme nach DIN EN 50726-1

Besonders betont wurde die Notwendigkeit, Produkt- und Netzsicherheit ganzheitlich zu betrachten. Unsichere Komponenten oder Lieferketten stellen ein Risiko für das Gesamtsystem dar. Mindestanforderungen an Produkte, Updatepflichten über den Lebenszyklus sowie Transparenz über Softwarebestandteile (SBOM) sollen künftig Manipulation und Sabotage erschweren.

Zum Abschluss rückte die Bedeutung von Kommunikationssystemen im Ereignisfall in den Vordergrund. Schnelle Alarmierung, klare Entscheidungswege und strukturierte Weitergabe von Informationen an interne wie externe Einsatzkräfte sind entscheidende Erfolgsfaktoren. Technik schafft Zeit, Kommunikation schafft Orientierung – zusammen verhindern sie Eskalation.

Der Workshop vermittelte eindrucksvoll, dass urbane Sicherheit und KRITIS-Schutz keine statischen Zustände sind, sondern ein kontinuierlicher Entwicklungsprozess. Schutz entsteht im Zusammenspiel aus Mensch, Technik, Organisation und Übung. Nicht einzelne Maßnahmen sind der Schlüssel – sondern ihre konsequent vernetzte Umsetzung.

Schlussgedanke:
Sicherheit ist kein Produkt. Sicherheit ist Bewegung, Anpassung und Zusammenarbeit. Die protekt 2025 in Leipzig hat dafür einen wertvollen Rahmen geschaffen.