„Unsere Gebäude auf dem Klinikcampus sind ein reiner Sicherheitswildwuchs. Bei jeden neuerstellten Gebäude wird die Sicherheit, wenn überhaupt, neu erfunden“, so ein Verantwortlicher eines Klinikums zu Thema Gebäudesicherheit. „Ich wünsche mir ein einheitliches Sicherheitskonzept, welches durchgängig auf dem Campus angewendet werden kann, um somit die Sicherheit für Gebäude, technische Anlagen und Equipment, Patienten und Pflegepersonal zu erhöhen und sicherzustellen“.
Der von dem Verantwortlichen beschriebene Sachverhalt finde ich immer wieder vor, wenn ich in medizinischen Bereichen zu tun habe. Aufgrund von nicht vorhandenen Sicherheitskonzepten werden bei Klinikneubauprojekte, sofern sie nicht explizit als Sicherheitsobjekte eingeordnet sind, dem Thema Gebäudesicherheit und nutzungsabhängigen Sicherheitsprozessen nicht so viel Aufmerksamkeit geschenkt. Auch scheint dieser Aspekt im Bereich der Krankenhausbauten auch immer wieder bei explodierenden Kosten zu den Einsparpotentialen zu gehören.
Es ist nicht selten, dass Krankenhäuser und Kliniken, neben der aktuell bestehenden Gefahr der Cyberkriminalität, sich auch mit anderen Bedrohungen auseinandersetzen müssen, die sich in Form von Alltagskriminalität darstellen. Dabei geht es beispielsweise u. a. um Diebstahl von medizinischen Geräten (Endoskope etc.), Sabotage technischer Anlagen und Randale mit Sachbeschädigung. Aber auch Gewaltübergriffe auf Pflegepersonal und Ärzte sind mittlerweile an der Tagesordnung.
Die Häufigkeit von Ereignissen in Bezug auf Alltagskriminalität können durch eine fehlende Gebäudeabsicherung, fehlende Sicherheitsprozesse und durch einen personell unterbesetzen Sicherheitsdienst hervorgerufen werden.
Beispiel Klinikumapotheke (Zentralapotheke):
Die Außenhaut einer Zentralapotheke ist mit Sicherheitstechnik ausgestattet und auf eine Einbruchmeldeanlage (EMA) geschalten. Somit wird das Eindringen in das Gebäude erkannt und an eine Sicherheitsstelle gemeldet, worauf entsprechende Maßnahmen eingeleitet werden können.
Wird jedoch die Apotheke in den jeweiligen Medikamentenlagern nicht mit Bewegungsmeldern überwacht, so kann ein Täter, der sich während der Öffnungszeiten ins Gebäude einschleicht und sich dann versteckt, nachts in aller Seelenruhe sich sein Diebesgut zusammenstellen.
Sobald der Täter alles zusammen hat, was er braucht, öffnet er bewusst eine alarmgesicherte Gebäudetür, um nach außen zu gelangen. Die Öffnung der Tür wird zwar über die installierte Sicherheitstechnik erkannt und die Sicherheitsstelle alarmiert, jedoch reicht dem Kriminellen die Zeit bis zum Eintreffen Sicherheitskräfte aus, um sich unerkannt vom Tatort zu entfernen.
Beispiel Labor und Forschungsabteilungen:
Selbst, wenn in medizinischen Forschungsabteilungen eine Zutrittskotrolle stattfindet und nur berechtigte Personen Zutritt erlangen, so ist es relativ einfach, sich ohne Hilfsmittel Zugang in diese Gebäude / Bereiche zu verschaffen.
Einerseits liegt es an der fehlender Sicherheitstechnik, welche nicht in den Fenstern und Türen installiert wurden, andererseits auch an fehlenden Sicherheitsprozessen. Werden beispielsweise Abends nach Laborschluss geöffnete oder gekippte Fenster nicht geschlossen oder Notausgangstüren nicht auf Verschluss kontrolliert, so ist ein Eindringen eines Kriminellen möglich.
Kritische Infrastruktur
Größere Kliniken zählen aufgrund ihrer wichtigen Bedeutung für das staatliche Gemeinwesen zu der Kategorie „Kritische Infrastrukturen“. Durch Beeinträchtigungen, Ausfälle und Versorgungsengpässen in Kliniken können erhebliche Störungen der öffentlichen Sicherheit oder andere dramatische Folgen eintreten. (Quelle: Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik)
Somit sind diese Kliniken verpflichtet entsprechende technische und organisatorische Sicherheitsmaßnahmen vorzunehmen und alle zwei Jahre gemäß nach § 8a BSIG nachzuweisen.
Was ist zu tun?
Um einen einheitlichen Sicherheitsstandard in Kliniken und Krankenhäuser herzustellen ist es notwendig die entsprechenden Maßnahmen zu analysieren, zu prüfen, zu definieren und dann in einem krankenhausindividuellen Sicherheitskonzept zu dokumentieren. Dieses Sicherheitskonzept bildet die Grundlage aller zukünftigen Sicherheitsentscheidungen. Bei Neubauprojekten dient es als Leitfaden zur Einhaltung der vorgegebenen sicherheitstechnischen und organisatorischen Maßnahmen.
Eine einheitlich definierte Sicherheit für Klinik- und Krankenhausbereichen mit ganzheitlichem Ansatz würde im wesentlichen folgende Vorteile bringen:
- Eine einheitliche Sicherheit macht die Überwachung einfacher und effizienter.
- Eine einheitliche und standardisierte Sicherheitstechnik verringert die Schnittstellenproblematik (Thema: Falschalarme aufgrund Fehler in der Programmierung).
- Definierte Sicherheitsprozesse und Verfahrensanweisungen sind nachvollziehbar und kontrollierbar. Beispielsweise ist es aufgrund einer Besucher/Lieferantenregelung definiert wie Besucher bzw. Lieferanten in einem nicht öffentlichen Bereich betreut werden müssen.
- Durch einheitliche Sicherungsmaßnahmen können auch Schaden- und Kostenreduzierungen erreicht werden.
- Sicherheitskonzepte ermöglichen bei Mischgebäuden* einen relativ schnellen Überblick über die einzelnen Sicherheitsbereiche (definierten Sicherheitszonen) und deren sicherheitstechnische Ausstattung. Somit kann bei einem Ereignisfall, auch eine entsprechend vordefinierte Sicherheitsreaktion für diese Bereiche zeitnah stattfinden.
- Bei Neubauprojekten ergeben sich durch eine gute Sicherheitsplanung und entsprechenden Sicherheitsvorgaben schon zu einem frühen Zeitpunkt (Entwurfsplanung) einheitliche und gut handelbare Sicherheitsstrukturen. Sicherheitslücken können im Vorfeld erkannt und eliminiert werden.
*Mischgebäude sind Objekte mit öffentlich zugänglichen sowie auch nichtöffentlichen Bereichen (Labore, Forschungsabteilungen, ambulanten Bereichen, Bettenbereiche etc.)
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