Forensik gegen Überfall

DNA-Spray-Systeme verbinden Täter mit Tatorten und können so die Aufklärung etwa von Raub, Diebstahl und Einbruch vereinfachen. Ihr Effekt ist zudem erfreulich präventiv.

Täter hinterlassen Spuren am Tatort – das ist eine wesentliche Grundannahme der Kriminalistik. Moderne forensische Sicherheitslösungen gehen noch einen Schritt weiter: Sie ermöglichen es, dass der Tatort selbst Spuren am Täter hinterlässt, um diesen später zu überführen. Platinen-gesteuerte Spray-Systeme über den Ausgängen von Ladenlokalen und Geschäftseinrichtungen etwa versprühen nahezu vollautomatisiert eine künstliche und völlig individuell codierte DNA über Haut, Haare und Kleidung von Räubern, Einbrechern und Dieben. Damit lassen sich Tatverdächtige zweifelsfrei einem Ort des Geschehens zuordnen – teilweise auch noch Tage nach der Tat. Das Funktionsprinzip der mittlerweile auch auf Leasing-Basis erhältlichen Technik ist raffiniert: Ereignet sich etwa in einer Tankstelle ein Überfall, wird das Sprüh-System mithilfe spezieller Schaltvorrichtungen intuitiv durch das Personal scharfgeschaltet und löst erst dann zielgenau über dem Täter aus, wenn dieser den Kassenraum verlässt. Das soll der Prävention jeglicher Eskalation und somit dem Opferschutz dienen – ebenso wie die Tatsache, dass die versprühte DNA-Flüssigkeit derart fein zerstäubt wird, dass die vom flüchtenden Täter kaum wahrgenommen werden kann. „Der haarsprayartige DNA-Ausstoß ist außerdem farb-, geschmacks- und geruchsneutral“, sagt Dirk Brückmann, Geschäftsführer der Detektei S.E.S, die im vergangenen Jahr das erste DNA-Spray-System in einer Spielhalle in NRW installiert hat. „Diese Vorsichtsmaßnahme dient ebenfalls der Deeskalation, denn ich möchte keinen bewaffneten Täter erleben, dem eine Ladung roter Farbe ins Gesicht gesprüht wird.“

Dennoch sind etwaige Markierungen an Tatverdächtigen schnell feststellbar: Ein in der toxikologisch unbedenklichen DNA-Lösung enthaltener UV-Indikator lässt markierte Stellen an Körper und Textilien benetzter Personen unter ultraviolettem Licht hell reflektieren. So
können DNA-Anhaftungen von Polizeibediensteten schnell lokalisiert und sichergestellt werden. Eine durch Publikumsmedien geisternde Mär ist hierbei, dass nur wenige Polizeibehörden über entsprechende forensische Lichtquellen verfügten, um die DNA sichtbar zu machen. Denn die Behandlung von Tatverdächtigen und die Untersuchung von Tatortspuren ist nicht primäre Aufgabe von Vollzugsbeamten, sondern die geschulter Erkennungsdienste und Spurensicherungsteams. Und diese sind stets mit der nötigen Technik ausgestattet. Nach entsprechender Sicherung der DNA-Spuren erfolgt deren Auswertung in Kriminallaboren, seit Frühjahr 2012 zeigt sich insbesondere das Institut für Rechtsmedizin der Universität Frankfurt am Main aktiv bei der Analyse synthetischer DNA.

Die Planung und Montage der Anlage erfolgt durch Fachbetriebe nach individuellen Anforderungen des zu sichernden Objekts. Häufig wird die DNA-Technik in bestehende Alarmsysteme integriert, so dass bei einem Raub zugleich stiller Alarm ausgelöst wird. Jede Sprüh-Automatik enthält eine Kartusche mit einzigartiger DNA, so dass selbst die Zuordnung zum jeweiligen Ein-/Ausgang problemlos möglich ist. Dies kann über eine Datenbank erfolgen, in der die Code-Zuordnung abgespeichert ist. „Wir sind allerdings stets bemüht, Beweisketten so kurz, stichhaltig und unanfechtbar wie möglich zu halten“, sagt Planungs-Chef Brückmann. „Deshalb gehen wir nicht den Umweg über geschützte Datenbanken. Stattdessen stellt bei unseren Anlagen im Ereignisfall die Polizei die Kartusche mit enthaltenen Restmengen der Flüssigkeit sicher und zieht diese unmittelbar als Vergleichsprobe zu den Anhaftungen am Tatverdächtigen heran.“ Um auszuschließen, dass DNA-Kartuschen in der Sprüh-Box manipuliert werden können, sind diese mit Sabotage-Alarm ausgestattet. Die bei regulärem Betrieb nur selten notwendig werdende Service-Wartung sowie der turnusmäßige Austausch der Druckbehälter im Abstand von zwei Jahren werden genauestens dokumentiert.

Wesentlicher Bestandteil forensischer Sicherheitskonzepte ist jedoch nicht allein die Verbesserung von Tat-Aufklärung und Repression. Denn DNA-Schutzsysteme entfalten weit vor einer möglichen Tat eine große präventive Wirkung: In niederländischen Pilot-Regionen etwa ist es gelungen, die Zahl entsprechender Taten um mehr als 50 Prozent zu reduzieren. Für Deutschland, wo die neue Technik im internationalen Vergleich mit Verzögerung angekommen ist, gibt es noch keine belastbaren Statistiken. In Bremen und Bremerhaven läuft allerdings seit 2009 ein Pilotprojekt mit künstlicher DNA, dessen Auswertung noch aussteht, und die von Kriminalämtern zwischen Kiel und München mit Spannung erwartet wird. Unabhängig davon setzen immer mehr Gewerbetreibende auf die neue Technik und lassen DNA-Anlagen in ihren Ladenlokalen installieren.

„Das wundert nicht“, sagt Boris Glatthaar von der auf die Sicherheitsbranche spezialisierten PR-Agentur [research&report]. „Denn die professionelle Installation der DNA-Anlage wird von einem Konzept aktiver Abschreckung flankiert, das von gut sichtbarer Warn-Beschilderung für potentielle Täter über die Information der örtlichen Sicherheitsbehörden bis hin zu Veröffentlichungen in den lokalen und regionalen Medien reichen kann. Ziel ist es, möglichen Delinquenten das erhöhte Tatbegehungs- und Entdeckungsrisiko zu vermitteln und Gewalt- sowie Eigentumsdelikten somit vorzubeugen.“ Positiver Marketing-Nebeneffekt des energischen Kommunikationskonzepts sei für den Gewerbetreibenden, dass er öffentlich beweise, wie modern er aufgestellt sei und dass er großen Wert auf die Sicherheit seines Personals und seiner Kunden lege.

Weiter Infos unter: www.dna-sicherheit.de

Zum Autor: Dipl. Oec. Uwe Leysieffer, Revision / Fraud Prevention, Wupperverband / Wupperverbandsgesellschaft, Telefon: +49 202 583 – 242 LEY@WUPPERVERBAND.DE