Am Donnerstagmorgen, den 11.04.2019 um 01:00 Uhr, wurde in Kappel-Grafenhausen eine Tankstelle überfallen und dabei ein kompletter Geldautomat gestohlen.
Solche Überfälle mit einer so hohen kriminellen Energie sind grundsätzlich keine Zufallstaten, sondern werden von Kriminellen gut geplant vorgenommen. Einige Tage zuvor werden die Tatorte unter die Lupe genommen und es wird recherchiert, wann es der günstigste Zeitpunkt ist, die Tat auszuüben.
Dabei werden von den Tätern u.a. folgende Überlegungen gemacht:
- Wann ist der beste Zeitpunkt, um diese Tat zu verüben? In diesem Fall war es die Täter anscheinend klar, dass nachts um 1:00 Uhr die optimale Zeit für einen solchen Angriff war. Außer einer Tankstellenmitarbeiterin befanden sich nur noch ein paar Kunden in der Tankstelle.
- Wo steht der Geldautomat, wie ist dieser gesichert und welche Zeit braucht man dafür? Der Standort des Geldautomaten war für diese Aktion an optimaler Stelle. Die Täter konnten, wie man auf dem Überwachungsvideo (https://www.facebook.com/shell.grafenhausen/videos/414738209303683/) erkennen kann, mit dem Fahrzeug ungehindert bis fast direkt vor den Automaten fahren. Auch war es den Tätern bekannt, wie der Geldautomat gesichert war und was sie dazu benötigen, um diesen aus der Verankerung herauszubrechen. Beim Tatwerkzeug, welche die Täter verwendet haben, handelt es sich wahrscheinlich um einen Gurt aus 100% hochfestem Polyester, welcher einer Arbeitslast von ca. 2,4 Tonnen standhält (siehe Grafik). Die Verankerungen des Geldschrankes zur Wand hin wurden mit einer Axt gelöst, so dass ein einfacheres Herausreißen des Geldautomaten mittels Gurt und Fahrzeug möglich war. Die Tat fand in weniger als einer Minute statt. Sie war so gut geplant, dass selbst bei einer sofortigen Alarmierung der Polizei diese zu spät an den Tatort eingetroffen wäre. Somit verringerte sich automatisch das Risiko der Täter, von der Polizei gefasst zu werden, immens.
- Wo ist der nächste Polizeiposten, ist dieser nachts besetzt und wie lange benötigen die Einsatzkräfte bis zum Tatort? Sicherlich haben die Täter bei der Planung des Überfalls auch überprüft, wo sich der nächste Polizeiposten befindet, ob dieser nachts besetzt ist und wie lange es bei einer Alarmierung dauern kann, bis die Einsatzkräfte Vorort sind.
- Welche Fluchtwege gibt es im Falle eines schnellen Polizeizugriffs? Die Tankstelle bot mit ihren mehreren Ein- und Ausfahrten sowie den umliegenden Straßen (Landstraße und landwirtschaftliche Wege) eine gute Fluchtmöglichkeit für die Täter, um sich dann unbemerkt vom Tatort zu entfernen. Optimal für die Täter lag auch der Standort dieser Tankstelle, und zwar am Rande des Ortes. Somit ist das Risikos, dass Anwohner auf der Überfall aufmerksam werden, ebenfalls gering.
Risikominimierung
Die ganze Planung dient den Tätern dazu, um ihr Risiko, gefasst zu werden, auf ein Minimum zu reduzieren. Denn bei einem hohen Risiko macht es für Kriminelle normalerweise kein Sinn, einen Einbruch oder Überfall vorzunehmen.
Was ist zu tun?
Nun stellt sich die Frage, ob derartige Einbrüche bzw. Überfälle grundsätzlich zu verhindern sind. Sicherlich kann man es mit einem „Nein“ beantworten, denn 100% Sicherheit kann man nicht gewährleisten.
Aber man kann es den Tätern so erschweren, dass sie von einer Tat absehen. Hierzu gibt es einige Möglichkeiten, welche sich technisch oder organisatorisch darstellen. Hier einige Möglichkeiten:
Nachtschalter: Eine der Möglichkeiten wäre, an der Tankstelle einen Nachtschalter einzurichten. D. h., ab einer definierten Zeit ist es als Kunde nicht mehr möglich, in den Verkaufs- bzw. Kassenraum der Tankstelle einzutreten. Die Bezahlung der getankten Treibstofffüllung ist vom Kunden dann an einem gesicherten Nachtschalter zu entrichten. Je nach Tankstellenbetreiber ist es dann für Kunden auch möglich, Waren aus dem Verkaufsraum über den Nachtschalter zu beziehen.
Sicherheitsnebel: Wenn der sicherheitstechnische Aufwand mit einbruchhemmenden Elementen zu kostenintensiv ist, besteht auch die Möglichkeit der Installation eines Schutznebelgenerators. Dieser würde im Ereignisfall entweder durch die Alarmanlage gesteuert oder durch Auslösung eines Mitarbeiters aktiviert werden und den entsprechende Raum in Sekundenschnelle mit einem Sicherheitsnebel verhüllen. Entweder flüchtet der Täter vor diesem Nebel oder er verliert die Orientierung, wenn der Nebel ihn einhüllt. In diesem Fall wäre er somit gefangen und kann nicht mehr fliehen.
– Auf jeden Fall verliert der Täter die Lust, seine Tat weiter auszuführen –
Vandalensichere Installation des Geldautomaten: Geldautomaten sind so einzubauen, dass für den oder die Täter ein erhöhter Aufwand notwendig wird, um den Automaten zu entwenden. Dies geschieht in dem man den Geldautomaten vandalensicher im Mauerwerk verankert und an einem Ort positioniert, an dem die Hilfsmittel der Täter (Fahrzeuge oder Gurte) nicht nützlich sind und sich dadurch der Tatablauf verlängert.
Mit gut geplanten Sicherheitsmaßnahmen (Sicherheitskonzept) verhindert man zwar nicht grundsätzlich eine kriminelle Tat, aber durch sie werden den Tätern Hindernisse in den Weg gestellt, um ihnen eine Tat so unattraktiv wie nur möglich zu machen.
Denn jeder Zeitgewinn für ein mögliches Tatobjekt ist für den Kriminellen schlecht