Das Interesse an diesem qualitativ hochwertigen Erfahrungsaustausch war wieder groß. Stephan Ebeling von der Siemens AG eröffnete das mittlerweile 5. VZM-Netzwerktreffen mit einem spannenden und äußerst lehrreichen Erfahrungsbericht zu den kritischen Erfolgsfaktoren beim Neubau eines hochverfügbaren Rechenzentrums aus Managersicht. Eine seiner wichtigsten Erkenntnisse: Zur Sicherstellung einer zeitlichen und finanziellen Punktlandung eines solchen komplexen Projektes sind die Fakto-ren ‚Keep it simple‘ und die Bildung eines Planungsteams mit klarem Auftrag und klaren Rollenzuweisungen von alles entscheidender Bedeutung.
Die Tatsache, dass statistisch gesehen der Anstieg der Stromausfälle in den letzten 3 Jahren gestiegen ist, verlieh dem Vortrag von Thomas Weyrich, aquinet Data center competence GmbH, besondere Bedeutung. In seinem Referat zum Thema „Gewerke übergreifende Funktionstests vor Inbetriebnahme“ machte er anhand kompromisslos durchgeführter Tests deutlich, dass nur so Detailmängel im Gesamtsystem erkannt werden konnten, die sonst im Rahmen von Gewerkeabnahmen nicht als Mangel er-kennbar gewesen wären.
Mit zahlreichen, zum Teil unglaublich anmutenden Bildern häufig vorgefundener RZ-Mängel, die im Vorfeld von Zertifizierungen aufgenommen wurden, konfrontierte Volkmar Bend, TÜV Informationstechnik GmbH, die Experten-Runde zum Abschluss des ersten Veranstaltungstages. Diesen Bildern stellte er zum Ende seines Vortrages dann die wichtigsten Regeln für einen erfolgreichen Zertifizierungsstart gegenüber, bevor die Teilnehmer im Rahmen einer Führung in ein mittelalterliches Köln ohne Rechenzentren eintauchten. In einem der ältesten Brauhäuser Kölns fand das Netzwerken bei leckerem Kölsch, kulinarischen Spezialitäten der Domstadt und gemütlichem Beisammensein seine Fortsetzung.
Zu Beginn des nächsten Veranstaltungstages brachte Bernhard Schmelmer, öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger zu Systemböden, die Teilnehmer dann ganz schnell wieder zurück in die ‚Doppelboden-Realität‘: Seine großen Erfahrungen und Ausführungen zu falschen Lastübertragungen und -abtragungen in den Doppelboden (Unterboden) ließ auch erfahrene RZ-Experten aufhorchen. Die guten Erfahrungen – so Schmelmer – ließen sich vorwiegend aus den Hochglanzprojekten und Referenz-listen der Anbieter ableiten.
Kontrovers diskutiert wurde eine Lösung zur indirekten Direktkühlung, die Alfred Birba-cher von der VZM GmbH vorstellte. Es handelte sich hierbei um ein aktuelles Beispiel energiesparender Klimatisierung der IT durch freie Kühlung im Zusammenspiel mit adiabater und mechanischer Kühlung. Ob sich eine solche Lösung am Markt durchset-zen wird, bleibt abzuwarten, die Einschätzung der anwesenden Experten war eher zu-rückhaltend.
Der visionäre Vortrag von Erich Amrehn, IBM Deutschland GmbH, zum Thema Soft-ware Defined Everything und dessen Auswirkung auf Rechenzentren bot reichlich Dis-kussionsstoff. Seine Prognose, dass in absehbarer Zeit nur noch wenige Rechenzen-tren – in der Regel Provider – finanziell in der Lage sein werden, hochkomplexes Soft-ware Defined Computing, Software Defined Network und Software Defined Storage bereitstellen können, um den zukünftig hohen Geschäftsanforderungen und Zielen der Unternehmen gerecht werden zu können, fand nicht bei allen Zuhörern Zustimmung. Eine weitere These: In 10 Jahren gibt es keine PCs mehr, sie werden komplett von Tablets und Smartphones abgelöst werden. Das zukünftig größte Problem wird außer-dem sein, den Wahrheitsgehalt von Informationen zu erkennen und unwichtige Daten zu löschen.
Fast schon in Form eines Leitfadens legte Peter Starziczny vom Verband Innovatives Rechenzentrum e.V. die wesentlichen Erfordernisse dar, die bei der Anmietung von RZ-Dienstleistungen berücksichtigt werden müssen. Die Fallstricke sind zahlreich, aber seinen extrem praxisorientierten und profunden Ausführungen zu Verträgen, Vereinba-rungen, SLAs und Qualitätssicherstellung war kaum etwas hinzuzufügen, brachte die komplexe Materie in einen überschaubaren Rahmen.
Auch IT-nahe Themen haben im Rahmen dieses Expertenforums ihren festen Platz. Dirk Pollnow von der HiSolutions AG stellt mit dem Facility Services Continuity Ma-nagement (FCM) einen eigendynamischen Prozess im FM-Bereich vor, der das IT-Notfallmanagement unterstützt und somit einen bedeutenden Beitrag zur Risikomini-mierung und Aufrechterhaltung des Geschäftsbereiches leistet.
Fazit: Für einen Teilnehmer war es die beste Veranstaltung des Jahres, für viele andere ein tolles, fast schon familiäres Treffen mit praxisnahen Inhalten, hervorragender Themenvielfalt und guten Vernetzungsmöglichkeiten und der festen Absicht, nächstes Jahr wieder mit dabei zu sein.